Die Magie des Lesens
14. Mai – 30. Dezember 2015
Bücher begleiten uns das ganze Leben lang. Als elementare Kulturtechnik trägt das Lesen wesentlich dazu bei, die Welt in ihrer Komplexität zu verstehen. Was vom Gelesenen aufgenommen wird, hängt vom eigenen Blickwinkel ab und kann sich je nach Situation verändern.
Bücher und Leseerfahrungen sind Gegenstand der Ausstellung „Die Magie des Lesens“ im Museum Neukölln. Dafür haben 24 Neuköllner:innen über ihre Lieblingsbücher erzählt und dem Museum fast 100 Bücher zur Verfügung gestellt. Die Gesprächspartner:innen reflektierten ihre biografischen Erfahrungen im Kontext der gelesenen Bücher und ließen uns an den Inspirationen, die sie durch die Bücher erhalten haben, teilhaben.
Das Spektrum der ausgestellten Bücher ermöglichte einen höchst interessanten Einblick in die Vielfalt der Lesekultur der Neuköllner Bevölkerung. Neben einzelnen Werken aus dem 19. Jahrhundert, z.B. von Heinrich Heine und Lew Tolstoj, lag der Schwerpunkt vor allem bei Romanen und Krimis des vergangenen Jahrhunderts sowie zeitgenössischer Literatur. Dabei tauchten sowohl bekanntere Autoren wie Agatha Christie, Nicholas Sparks und Khalil Gibran auf, als auch noch zu entdeckende wie Connie Roters und Matthew Thomas. Am Beispiel von Antoine de Saint-Exupérys Geschichte Der Kleine Prinz zeigte sich gut die Sprachvielfalt der Ausstellung und der Neuköllner Bevölkerung allgemein. Drei Leihgeber:innen stellten das Buch dem Museum sowohl in der französischen Originalausgabe, als auch in der deutschen und türkischen Fassung zur Verfügung. Comics, Kinder- und Jugendbücher sowie Koch- und Sachbücher ergänzten die belletristische Auswahl, abgerundet von einzelnen Lyrikbänden wie Orhan Veli Kanýks Fremdartig/Garip und Allen Ginsbergs HOWL. Welche Bedeutung die Bücher im jeweiligen biografischen Kontext haben, konnte in eigens produzierten Hörstücken in der Ausstellung nachvollzogen werden.
Neben dieser subjektiven Dimension erschloßen die Ausstellung und der begleitende Katalog das Lesen und das Buch auch aus gesellschaftlicher, kultureller und bildungspolitischer Perspektive für den Bezirk Neukölln. Dabei werden die Bedingungen, unter denen Kinder in Neukölln lesen lernten und lernen ebenso beleuchtet wie das Engagement, um in Neukölln lebenden Analphabeten den Einstieg in das Lesenlernen zu erleichtern. Die Ausstellung thematisierte den Einfluss anarchistischer Lesezirkel im Rollbergviertel um die Jahrhundertwende, und erläuterte, weshalb bereits 1921 Bücher auf dem Tempelhofer Feld brannten. Schließlich wurde auch die soziale und kulturelle Funktion von Buchläden und Bibliotheken im Kiez anhand ihrer wechselvollen Geschichte aufgezeigt.
Zur Ausstellung erschien der Begleitband „Die Magie des Lesens“, Udo Gößwald (Hg.) mit einer Einleitung von Aleida Assmann, 320 S., der zum Preis von 14,80 Euro im Museum oder hier erworben werden kann.