Neukölln lernt
Vorschule Kaiser-Friedrich-Realgymnasium (heute: Ernst-Abbe-Gymnasium)
1920
Fotograf:in: unbekannt
Ein aufgeklapptes Buch auf dem Tisch, posieren 47 Jungen in aufrechter Haltung für das Klassenfoto. Zwei Lehrer wachen über das Geschehen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts regte sich Kritik gegen die sogenannten Vorschulen, die ausschließlich Kindern wohlhabenderer Schichten vorbehalten waren. Man bemängelte ihren Beitrag zu „Klassenhochmut“ und „Klassenhaß“. In alternativen Schulformen, den „Einheitsschulen“, sollten Arme und Reiche, Mädchen und Jungen gleichermaßen beschult werden. Nach dem Reichsgrundschulgesetz von 1920 sollten die Vorschulen auslaufen.
31. und 32. Gemeindeschule Rixdorf (heute: Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli CR²)
Fotograf:in: unbekannt
Egal, ob Junge oder Mädchen, adretter Matrosenkragen oder schmutziges Leinenhemd – die Kinder, bunt verteilt auf Bank und Boden, präsentieren sich mit ihren Zeichnungen und Basteleien aus dem Unterricht.
Die 31. und 32. Gemeindeschule Rixdorf wurden ab 1927 als „Lebensgemeinschaftsschulen“ geführt. Reformpädagogische Ansätze kamen zum Tragen. So bemühte man sich um ein kameradschaftliches Verhältnis zwischen Lehrer:innen und Schüler:innen. Offene, interessengeleitete Arbeitsgruppen ersetzten die herkömmliche Schulklasse. Der Unterricht fand themenübergreifend statt.
Sporthalle der Onkel-Bräsig-Schule (heute: Fritz-Karsen-Schule)
Fotograf:in: unbekannt
In der Turnhalle der Onkel-Bräsig-Schule posieren 28 „Mädel“ in akrobatischer Aufstellung. Fast alle in Turnleibchen gekleidet, das Haar zu Zöpfen gebunden lächeln sie fröhlich in die Kamera.
Nach dem Machtantritt der Nationalsozialist:innen veränderte sich die Schullandschaft in Neukölln erheblich. Lehrer:innen von reformpädagogischen und weltlichen Schulen, vor allem Pädagog:innen jüdischen Hintergrunds, wurden aus dem Dienst entlassen. Die Rückkehr zum alten Schulformat mit Geschlechtertrennung wurde durchgesetzt. Der tägliche Sportunterricht galt der körperlichen Ertüchtigung und Disziplinierung.
Neubau der Karlsgarten-Schule
Fotograf: Paul Schulz
Der Gebäudekomplex der Karlsgarten-Schule, 1955 direkt neben dem Volkspark Hasenheide errichtet, bietet große, helle Klassenräume und einen geräumigen Schulhof.
In den Räumen der neugebauten Karlsgarten-Schule fanden mehrere Hundert Schüler:innen Platz. Großzügige Klassenräume und ein weitläufiger Schulhof waren in Neukölln noch die Ausnahme. Während des Krieges waren neun von 34 Schulen vollständig zerstört worden und weitere stark beschädigt. Mit dem Neubau diverser Schulbauten ab Anfang der 1950er-Jahre versuchte man diesem Problem im Bezirk Neukölln und darüber hinaus zu begegnen.
Walter-Gropius-Gesamtschule
Fotograf:in: unbekannt
Mit der Aktentasche in der Hand laufen die Schüler:innen zu einem Pavillon der Walter-Gropius-Schule.
Im April 1968 nach Plänen von Walter Gropius fertiggestellt, eröffnete die gleichnamige Schule als erste integrierte Gesamtschule innerhalb Deutschlands. Grundgedanke dieses neuen Schultypus war die Auflösung der traditionellen Gliederung in Hauptschule, Realschule und Gymnasium. Vielmehr wirkte hier die Idee der Chancengleichheit unabhängig von familiären Umständen. Die Schüler:innen sollten von der 1. bis zur 13. Klasse durchgehend auf einer Schule verbleiben, untergebracht in modernen Pavillons.
Walter-Gropius-Gesamtschule, Schüler im Kunstunterricht
Fotograf:in: unbekannt
Die Schüler:innen haben scheinbar großen Spaß im Kunstunterricht. Auf den sternförmig-ausgerichteten Tischen liegen Stifte und Papier. Frei auf das Blatt verteilt sind verschiedene Motive gemalt.
Die Walter-Gropius-Gesamtschule in Neukölln verfolgte neben drei anderen Schulen in Berlin moderate Leitlinien im Sinne der antiautoritären Bewegung der Jahre 1967 und 1968. Dabei wurden ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Lernenden und Lehrenden, neue Lehrinhalte, sowie die Überwindung einer repressiven Sexualmoral in den Vordergrund gestellt.
Bildungszentrum Delfter Ufer (heute: Otto-Hahn-Schule), in der Mensa
Fotograf:in: unbekannt
In Gruppen sitzen die Schüler:innen an langen Tischen verteilt. Vor ihnen das Dreigangmenü des Tages.
1972 beschloss das Land Berlin den Bau von 14 Ober- bzw. Mittelstufenzentren, die den Ansturm von Schüler:innen der geburtenstarken Jahrgänge auffangen und die Gesamtschule als Schulform etablieren sollten. Die fabrikartige äußere Erscheinung der OSZs und MEZs ging mit einer multifunktionalen Innenraumgestaltung einher. Für den Ganztagsbetrieb wurden schulinterne Mensen, Mediatheken und Bibliotheken gebaut, nutzbar auch außerhalb der Unterrichtszeiten.
Bildungszentrum „Delfter Ufer“ (Otto-Hahn-Schule), Ersatzbau
Fotograf: Friedhelm Hoffmann
Schüler:innen höherer Klassen sitzen lässig auf der Bank in der Sonne. Der nüchterne Schulhof ist von weißen Containerbauten bestimmt.
Die Otto-Hahn-Schule in Britz als Gesamtschule konzipiert, musste wie viele Bildungszentren der gleichen Bauweise Ende der 1980er-Jahre geschlossen werden. Grund für die berlinweite Schließung der nur zehn- bis 20-jährigen Schulgebäude war ihre enorme Asbestbelastung. Das aufkeimende Umweltbewusstsein begleitet von Protesten der Schüler:innen, Lehrer:innen und Eltern führte zur Unterbringung in „provisorischen“ Schuldörfern – teilweise bis heute.
Albert-Einstein-Gymnasium
Fotograf Lukas Fischer
Von der Westseite lässt sich das harmonische Zusammenspiel von modernem Klinkerbau und profanem Schulbau des Albert-Einstein-Gymnasiums eindrucksvoll betrachten.
Seit 2001 wird das Albert-Einstein-Gymnasium als Staatliche Europa-Schule für Italienisch geführt und bietet ihren Absolvent:innen in zwei bilingualen Klassen einen doppelten Schulabschluss. Daneben hat das Gymnasium eine musische Ausrichtung. 1954 wurde das Gymnasium am Rand der Hufeisensiedlung als Pavillonsystem nach Prinzipien der Reformschulbewegung gebaut und kurz nach der Wende durch einen prämierten Neubau erweitert.