Statement der Künstlerin
Isabel Tueumuna Katjavivi
Künstlerin und Co-Kuratorin der Ausstellung
Meine Kunstinstallation „They Tried to Bury Us“ ist eine introspektive Reise durch die traumatische Erfahrung, die der Völkermord an den Ovaherero und Nama zwischen 1904 und 1908 darstellt. Es handelt sich um ein oft übersehenes Kapitel der deutschen Kolonialgeschichte.
Mit meiner Installation möchte ich dem historischen Trauma dieses Genozids, das die Überlebenden und ihre Nachkommen seit Generationen belastet, im wahrsten Sinne des Wortes ein Gesicht geben, um damit das tiefe Gefühl des psychischen Eingeschlossenseins aufzubrechen. Die im Sand verborgenen Masken symbolisieren die 70.000 getöteten Menschen – und gleichzeitig repräsentieren sie die verschütteten und verdrängten Erinnerungen an diese so grausamen Ereignisse. Im Rahmen der Ausstellung nehmen wir eine doppelte Rahmung vor: Dabei geht es zum einen um Konfrontation und zum anderen um die Einbettung:
Die Konfrontation besteht in der Gegenüberstellung meiner dekolonisierten Perspektive, der Darstellung des nicht gezeigten Leidens der Ovaherero und Nama, auf der einen Seite – mit der kolonialen Perspektive des sogenannten Herero-Steins, der mit seiner Inschrift ausschließlich an sieben getötete deutsche Soldaten erinnert.
Indem wir meine Installation mit Hilfe einer Timeline aus Fakten und zeitgenössischen Zitaten rahmen, ermöglichen wir es den Museumsbesucher:innen, die historischen Ereignisse und die seit dem laufenden Prozesse des kollektiven Verdrängens und der Negation sich eigenständig zu erschließen und einzuordnen.
Im Idealfall entsteht durch diese doppelte Einbettung ein Bedürfnis nach Dialog – und genau hier setzt die Arbeit der Museumsakademie ein. Denn unsere gemeinsame Vision ist es, einen moderierten Dialog der Stadtgesellschaft zu ermöglichen. Uns geht es um den Dialog miteinander – an der Schwelle zwischen Geschichte, Kunst und Gesellschaft. Uns geht es darum, ein gemeinsames Verständnis der historischen Wahrheit zu entwickeln – eine gemeinsame Sprache mit einem neuen Vokabular und einer neuen Grammatik – zur Beschreibung von Trauer, Schmerz und Trauma. Auf dieser Grundlage - das ist unsere Hoffnung – kann ein Dialog der gegenseitigen Heilung entstehen.
(September 2023, Windhoek/Namibia)
Statement from the artist and co-curator of the exhibition Isabel Tueumuna Katjavivi
My art installation "They Tried to Bury Us" is an introspective journey through the traumatic experience that is the Ovaherero and Nama genocide between 1904 and 1908. It is an often overlooked chapter of German colonial history.
With my installation I would like to literally give a face to the historical trauma of this genocide, which has burdened the survivors and their descendants for generations, in order to break down the deep feeling of psychological entrapment. The masks hidden in the sand symbolize the 70,000 people killed - and at the same time they represent the buried and repressed memories of these cruel events. As part of the exhibition, we use a double framing: on the one hand, it is about confrontation and, on the other hand, about embedding:
The confrontation consists in the comparison of my decolonized perspective, the representation of the unseen suffering of the Ovaherero and Nama, on the one hand - with the colonial perspective of the so-called Herero stone, whose inscription only commemorates seven killed German soldiers.
By framing my installation with the help of a timeline of facts and contemporary quotes, we enable museum visitors to independently understand and classify the historical events and the processes of collective repression and negation that have been ongoing since then.
Ideally, this double embedding creates a need for dialogue - and this is exactly where the work of the Museum Academy comes into play. Because our shared vision is to enable a moderated dialogue between urban society. For us it’s about dialogue with each other – at the threshold between history, art and society. Our aim is to develop a common understanding of historical truth - a common language with a new vocabulary and grammar - to describe grief, pain and trauma. On this basis - this is our hope - a dialogue of mutual healing can emerge.
(September 2023, Windhoek/Namibia)