Zeichen der ewigen Treue – die Ringe von Ehepaar Wegener
von Julia Dilger
Diese beiden schlichten Schmuckstücke waren die Eheringe von Hermann und Wilhelmine Wegener, geb. Knieschke. Zu ihrer Vermählung 1889 ließen sie ihre Initialen und das Hochzeitsdatum eingravieren. Gerda Heinrich, die die Ringe 2021 dem Museum Neukölln als Objektspende übergab, ist die Enkelin der Eheleute. Als Kind besuchte sie ihre Großeltern häufig in ihrer Wohnung in der Glasower Straße in Neukölln.
Die Großmutter stammte aus dem Örtchen Kaden im Spreewald, der Großvater kam ebenfalls aus Brandenburg. Gerda erinnert sich an Wilhelmine als eine liebevolle, zugewandte Großmutter. Großvater Hermann war eher verschlossen, am liebsten hatte er seine Ruhe. Brachte Gerda ihre Freundin Inge mit und es wurde etwas lebhafter, knurrte er schon mal. Allerdings hatte er auch überraschende Seiten: So kam er regelmäßig zu seiner Schwiegertochter in die Germaniapromenade, um die Teppiche zu klopfen. Am regelmäßigen Schlag erkannte man ihn schon von Weitem. Ein Teppich klopfender Mann war damals die große Ausnahme.
Wilhelmine freute sich, wenn ihre einzige Enkeltochter vorbeikam, und saß bei ihren Besuchen gerne auf der Kohlenkiste am Ofen. In der Speisekammer hing stets eine Speckseite, davon machte sie der kleinen Gerda üppige Stullen. Von der Hochzeit sind leider keine Fotos erhalten, aber die Goldene Hochzeit von Hermann und Wilhelmine im Jahr 1939 ist fotografisch dokumentiert. Gerda mit prächtiger Schleife sitzt mit der Großmutter im Festgewand und dem Großvater im Anzug auf dem Balkon. Die Jubilare tragen – wie bei einer Goldenen Hochzeit üblich – Brautkrone und Anstecksträußchen. Die Krone bewahrte die Großmutter in einem Glassturz auf ihrem Vertiko auf. Sieht man sich das Foto genau an, kann man auch die Eheringe erkennen.
Ringe waren als Verlobungsgabe bereits bei den Griechen, Römern und Germanen bekannt. Als Zeichen des Vertrags zwischen den Eheparteien wurden sie vom Bräutigam an den Vater oder ältesten Bruder der Braut übergeben. Der Ring symbolisierte vermutlich den Brautpreis, gleichzeitig galt er als Pfand der Einhaltung des Eheversprechens. Ein bis heute bekanntes Motiv auf historischen Verlobungs- und Eheringen ist der Handschlag als Zeichen der Vertragsbesiegelung. Aus der römischen Kaiserzeit sind Ringe mit Bildnissen von Paaren erhalten, die sich anblicken oder einander die Hände halten. Im Christentum wird der Brauch von Ringen als Ehepfand weitergeführt.
Im 3. Jahrhundert n. Chr. entwickelte sich die Tradition, dass der Bräutigam zwei Ringe übergab: einen verzierten zur Verlobung und zur Hochzeit den eigentlichen Ehering. Ab dem 13. Jahrhundert, mittlerweile hatte sich die Trauung in der Kirche etabliert, steckten sich die Brautleute gegenseitig Ringe auf, meistens an den Ringfinger der linken Hand. Im Spätmittelalter war der Ringtausch europaweit fester Bestandteil der Hochzeitszeremonie.
Wer es sich leisten konnte, wählte Ringe aus Gold. Seit dem 17. Jahrhundert wurden auch Edelsteine verarbeitet, am beliebtesten bei Eheringen war der Diamant. Dass Edelsteine verwendet wurden, ist auf den verstärkten Handel Europas mit Indien, Ceylon, Persien und Arabien zurückzuführen.
Vor etwa 300 Jahren entwickelte sich der Brauch, dass die Braut zur Hochzeit einen Ring mit den Initialen ihres neuen Namens sowie dem Hochzeitsdatum bekam. In der westlichen Welt hat sich der einfache goldene Bandfingerring als Ehering durchgesetzt. Die Gestaltung der Ringe unterliegt nach wie vor der Mode, individuellen Vorlieben und den finanziellen Möglichkeiten der Paare.
Wilhelmine und Hermann Wegener entschieden sich für schlichte, mattgoldene Ringe. Mit der Gravur ihrer Initialen und des Hochzeitsdatums folgten sie einer mehrere hundert Jahre alten Tradition.