Mermaiding I (maybe a tail is riding the bus all day)
Mermaiding I (Maybe a tail is driving the bus all day)
Eine ortsspezifische performative Installation für Schloss Britz von Elisa Duca, Lisa Premke auch aus Anlass der Wilhelm Busch-Ausstellung
Die Meerjungfrau ist eines der bekanntesten Mythenwesen und seit Jahrhunderten Bestandteil verschiedenster Fabeln und Legenden: von den Brasilianischen Iaras (Meeresmutter), den Njuzu aus Simbabwe bis zu den hierzulande wohlbekannten Donau-Sirenen des Nibelungen-Epos.
Alle haben eines gemeinsam: Sie sind weibliche Ungeheuer, die zu schön aussehen oder singen und somit auf tödliche Weise verführerisch sind. Diese Figuren wurden nicht ohne pädagogische Absicht geschaffen: Die Meerjungfrau gab der Bedrohlichkeit des weiblichen Körpers und der Versuchung, die sie für den „heldenhaften Mann“ darstellte, Gestalt. Die Meerjungfrauen, die wir heute aus Märchen oder überzuckerten Disney-Filmen kennen, haben eine geschichtsverklärende Funktion. Doch selbst in der heutigen Version (etwa einer Arielle) erkennt man deutlich die verniedlichende Reduktion auf weibliche Schönheit und Verführungskunst und deren gleichzeitige Verdammung.
Auch als Kunstgewerbe des 19. Jahrhunderts finden wir die Meerjungfrau im Schloss Britz, ein barbusiges Lüsterweibchen hängt von der Decke des Herrenzimmers. Zusätzlich findet sich temporär ein anderes Wasserwesen in der Sonderausstellung, wo in der Wilhelm-Busch-Geschichte ‘Die beiden Schwestern’ eine hochmütige – oder auch allzu selbständig agierende – attraktive junge Frau zum Wassernickel (Nöck) verbannt wird.
Mit Mermaiding I (Maybe a tail is driving the bus all day) erklären wir die Meerjungfrauen-schwänze zu selbstständig Agierenden, die ihrer erlösungsbedürftigen einseitigen weiblichen Eleganz überdrüssig sind. Ihre oberkörperlosen Schwänze klopfen eigene Rhythmen und nisten sich wie selbstverständlich in den historisch möblierten Wohnräumen und im Außenbereich von Schloss Britz ein. Meerjungfrauenschwänze aus Latex schlagen und streicheln sich gegenseitig im Jagdzimmer. Anderswo zucken rhythmisch die Schwänze aus Gobelin-Stoffen, die sich den Gründerzeit-Textilien im Schloss anpassen. In der performativen Installation werden die Mischwesen zu spielenden Objekt-Subjekten, die sich ihrer Umwelt angleichen, sich ohne Scham beinahe beiläufig ausstellen, und so ihre schlichte moralische Funktion aufweichen.
Die Intervention wird ermöglicht durch eine Unterstützung des Fachbereichs Kultur Berlin-Neukölln aus Mitteln der Dezentralen Kulturarbeit
Zeit:
24. Februar 2023, 12:00 – 26. März 2023, 18:00 Uhr
Ort:
Schloss Britz
Alt-Britz 73
12359 Berlin