Sonderausstellung | Die ganze Zeit
In der Gründerzeit des 19. Jahrhunderts erlebte die Gesellschaft einen tiefgreifenden Wandel, geprägt von industrieller Revolution, technologischem Fortschritt und sozialem Umbruch. In dieser Ära gewann der Zeitbegriff zugleich eine neue Dimension und wurde zu einem entscheidenden Faktor in der Gestaltung menschlicher Ressourcen.
Diejenigen, die die Zeit kontrollierten, erlangten nicht nur die Macht über Produktionsprozesse, sondern auch über das Leben der Menschen. Wie die Ethnologin Laura Wehr schreibt: „Zeit ist eine der wirksamsten Maßnahmen sozialer Kontrolle“. Diese Verbindung zwischen Zeit und Macht manifestierte sich in der Art und Weise, wie Arbeitszeit, Effizienz und Disziplin in den aufstrebenden Industriegesellschaften definiert und verwaltet wurden.
Mit dem Phänomen Zeit im 19. und 21. Jahrhundert setzen sich nun zehn zeitgenössische Künstler:innen im Schloss Britz auseinander. Eng verzahnt sind dabei die Bezüge zwischen einem Früher und dem Heute.
Die Werke behandeln die Themen Zeit, Macht und Kontrolle, sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf körperlicher und individueller Ebene. Eine Reihe der ausgestellten Arbeiten beschäftigt sich skulptural und grafisch mit der Weltpolitik, etwa wie die Welt 1884 in Zeitzonen eingeteilt wurde. Eine andere Gruppe behandelt Themen wie die Konditionierung des Körpers, Selbstbeherrschung und strenge Erziehung in der Kindheit.
Die Ausstellung verwebt sich mit der historischen Sammlung und setzt historische Objekte in Bezug zu zeitgenössischen Positionen. In der Gegenüberstellung von historischen Zeugnissen und künstlerischen Interventionen entsteht ein differenzierter Blick auf die
Zeitkultur unserer Gegenwart – und damit auch auf mögliche Zukünfte jenseits dominanter Zeitregime.
Die Ausstellung lädt ein zu einer kritischen Reflexion darüber, wer heute die Macht über unsere Zeit ausübt und welche Alternativen denkbar wären.
Kuratiert von: Anna Borgman, Sophia Pompéry
Mit freundlicher Unterstützung der Freunde und
Förderer Schloss Britz e.V.
During the 19th century Wilhelminian era, society underwent a profound transformation, shaped by the industrial revolution, technological progress and sweeping
social changes. It was during this era that the concept of time acquired a new dimension and came to play a decisive role in the management of human resources.
Controlling time meant gaining power not only over production processes but also over people’s lives. At Schloss Britz, ten contemporary artists are now exploring
the phenomenon of time in the 19th and the 21st century. The result is a differentiated view of contemporary culture - and the question of what alternatives are conceivable.
Curated by: Anna Borgman, Sophia Pompéry
With the kind support of Freunde und
Förderer Schloss Britz e.V.